Sonntag, 28. November 2010

Auf einmal ganz anders...

Die letzten zwei Monate habe ich durchgehend in Camiri verbracht. Jetzt sind meine Tage dort vorerst gezählt, denn gestern gings mit der Flotta (Überlandbus), gemeinsam mit Max, nach Sucre. Hier sollen wir den zweiwöchigen Sprachkurs nachholen und im Anschluss bis Weihnachten am obligatorischen Zwischenseminar teilnehmen. Vor der Fahrt habe ich mich total auf Sucre gefreut. Endlich würde ich all die anderen Freiwilligen wieder sehen, wissen wie es ihnen so ergangen ist und mal wieder mir der ganzen Gruppe zusammenzusein.
Ich war zwar schon zum Vorbereitungsseminar in Sucre und kenne die Stadt deswegen schon ein bischen. Aber als wir mit der Flotta in die konstitutionelle Hauptstadt ankamen, war ich total überrascht: Es ist einfach so anders als Camiri! Es gibt haufenweise mehrstöckige Häuser. Ein riesen Verkehrsaufkommen. Die Stadt ist laut und gross. Es ist kalt, keine 40 Grad mehr. Ich musste nach dem Frühstück und nach dem Abendessen sogar nochmal kurz ins Bett, weil es draussen einfach so ungemütlich war. Was eine Umstellung: vom ruhigen Camiri ins grosse Sucre!
Abends bin ich dann mit Sarah, einer Freiwilligen aus Sucre selbst, weggegangen. Zuerst waren wir auf einer kleinen Geburtstagsfeier bei einem jungen Musiker und Anwalt. Aus Camiri kannte ich von Fiestas nur die Standardauswahl der 20 besten Cumbia-Songs. Gestern auf der Party lief zwar auch ein wenig Cumbia, aber vor allem andere typische bolivianische Musik, viel andiner geprägt. Alle haben dazu getanzt - ich habs versucht - und der Gastgeber Alex hat zwischendurch mit seinen Freunden, mit Gitarre und Geige, Lieder zum Besten gegeben. Der Gesang kam aus kräftigen Kehlen, die Gäste klatschten und tanzten und es entstannd einfach eine Wahnsinnsatmosphäre, die ich einfach nur aufgesogen habe. Es war ganz anders als man soetwas aus Deutschland kennt, aber auch anders als Camiri. Ich habe mich gefühlt, als sei ich erneut in eine andere Kultur entführt worden...
Als die Fiesta sich langsam dem Ende neigte sind Sarah und ich in einen Club weiterfeiern gefahren. Natürlich mit Taxi, die Wege sind hier eben weiter. Dort angekommen war ich wieder total von den Socken. Ich war plötzlich nicht mehr in Bolivien. In der Disco war "Jägermeisternacht". Überall hingen orangene Jägermeisterflaggen. Es liefen Models mit orangenen Perrücken herum. Die Musik war westlich: das volle Programm, wie man es aus letztem Sommer in Deutschland kennt - inklusive "Atzen" und Black Eyed Peas. Und auch das Publikum war überwiegen weiss, viele Touristen. Ich dachte einfach nur "Das kann doch nicht Bolivien sein, wie ich es kennengelernt habe". Es kam mir vor, als hätte man mich zurück nach Europa gebeemt.
Nach dem Feiern habe ich noch mit Sarah im Hostelgarten gechillt und diskutiert. Irgendwann hat sie dann von einem Kinderheim in Sucre erzählt. Ich konnte einfach nicht glauben, was sie mir schilderte. Einfach nur unmenschliche Verhältnisse. Ich war total sprachlos. Das war der dritte und wirklich grösste Schock an diesem Tag.
Irgendwann habe ich mich dann mit den Worten "Lass uns morgen nochmal drüber reden" ins Bett verabschiedet. Ein echt krasser Tag ging zu Ende.

Donnerstag, 25. November 2010

In die Hände spucken...

"In die Hände spucken" kannte ich bisher nur als Synonym für "arbeiten". Nach meinem ersten Arbeitstag mit Don Pancho wusste dann auch wieso: Bevor man Schaufel oder Spitzhacke anfasst, wird einmal kräftig in die Hände gespuckt. Das hilft Blasen zu vermeiden. Und ich kann nur sagen, es hilft wirklich!
Wenn man dann aber doch eine leckere Blase bekommt, hat Don Panche auch schon einen anderen Tip parat: In die Hände pinkeln, einreiben, 15 Mintuen einwirken lassen und dann mit Seife abwaschen. Das klingt für euch wahrscheinlich alles mega eklig, ist hier aber ganz normal. Lehrmeiser Pancho hat sogar erzählt, dass er einmal bei der Arbeit eine kleine Verletzung am Auge hatte, die blutete. Daraufhin hat er sich dann Urin draufgegeben, was auch geholfen haben soll.
Auch sonst weiss man sich hier mit dem zu helfen, was man gerade zur Hand hat. Wenn ich zum Beispiel mal Magenprobleme habe, gehe ich in den Garten und pflücke ein paar Blätter, um einen Tee zu machen. Dieser Aufguss aus "Poleo" und "Paíco" schmeckt richtig lecker und wirkt Wunder.
Vor ein paar Tage wurde unsre Hündin Maja vom Nachbarshund gebissen, hatte eine Fleischwunde und humpelt noch ein bischen. Gestern, als wir abends noch an unserer Lieblingstienda waren, wurde uns geraten, ein paar Haare vom Nachbarshund abzuschneiden, zu verbrennen und Maja auf die Wunde zu geben.
Medizin ist hier also noch viel traditioneller, als ich es aus Deutschland kenne. Viele sind mit gutem Grund der Meinung, die Natur gebe uns alles, was wir brauchen. Diese Einstellung mit ein bischen Tradition und einer Prise Aberglauben kuriert alle Leiden. Aber ich möchte hier keine falsches, einseitiges Bild schaffen. In der Stadt gibt es viele Apotheke, im Fernsehen läuft Werbung der grossen Pharmekonzerne und im Krankenhaus schwört man natürlich auch auf "konventionelle Medizin". Letztendlich ist es auch hier von Mensch zu Mensch verschieden. Aber mal ehrlich, welcher Deutsche würde sich noch einfach auf die frische Wunde pinkeln, statt mit seiner Krankenversicherungskarte in der Hand hastig den Arzt aufzusuchen?

Sonntag, 21. November 2010

Drei Dinge

Letzte Woche hab ich mir ein ein neues T-Shirt gekauft.
Gestern hab ich mir dir Haare geschnitten.
Heute hab ich Wäsche gewaschen.



...und übermorgen hol ich mir der König ihr Kind.

Ein Jahr im Ausland?

Ihr wisst noch nicht, was ihr nach dem Abi machen sollt. Habt keine Bock auf Bund oder wollt einfach so ein Soziales Jahr machen? Ihr wollt eine andere Sprache lernen oder Lebenserfahrung in einem anderen Land sammeln? Mal rauskommen? Etwas den Menschen geben, die es nicht so gut hatten, wie ihr die letzten 18 Jahre. Eine andere Kultur kennenlernen? Über eure eigene nachdenken? Das und viel mehr könnten Gründe fur ein "FSJ im Ausland" sein. Ich kann es euch nach den ersten zwei Monaten nur wärmstens empfehlen: Macht es einfach! Jetzt ist die optimale Zeit dafür.

ABER ich habe gar nicht das Geld für ein Auslandsjahr!
Dann bewirb dich beim DED. Dor muss man wirklich keinen Cent selbst aufbringen. Und guck dir auch mal die anderen Entsendeorganisationen an. Vielleicht sind die erwarteten Spendenbeträge gar nicht so hoch wie du dachtest. Kindergeld wird übrigens während des gesamten Jahres weitergezahlt.

ABER ich kann die Sprach meines Wunschlandes gar nicht.
Natürlich hat man einen leichteren Start, wenn man die Sprache schon etwas beherscht. Aber nicht alle Organisationen haben diese Erwartung an den Bewerber. In vielen Fällen reicht auch schon ein Ferienkurs an der VHS. Auch hier lohn sich ein zweiter Blick. Ausserdem ist immer nur von europäischen Verkehrssprachen die Rede. Keiner verlangy Kenntnisse in Kreolisch, Afrikaans oder Khmer.

ABER ich habe keine besondere Talente, auch keine Ausbildung.
Also ersteinmal hat jeder Mensch irgendwelche Talente. Vielleicht ist ein Auslandsjahr ja die beste Gelegenheit sie zu entdecken. Und Ausbildung? Woher denn auch? Du kommst ja schliesslich gerade vom Gymnasium. Ausserdem kann man, so meine Erfahrung, mit wenig schon sehr viel verbessern, wo es den Menschen nicht so gut geht.
Generell gilt: Weltwärts und verglichbare Programme sind keine professionelle Entwicklungshilfe. Es werden junge Menschen und Laien entsendet.

ABER es ist schon viel zu spät für eine Bewerbung.
In der Tat wird einem oft gesagt, man solle bereits ein Jahr vorher mit den Bewerbungen beginnen. Und es stimmt, viele Bewerbungsfristen sind schon seit September ausgelaufen. Aber keine Panik, wenn ihr euch erst jezt entschieden habt: Ich habe mich auch nicht früher drumgekümmert. Oft werden Fristen nachträglich auch noch einmal nach hinten verschoben.
Ich will euch hier einmal die Möglichkeiten vorstellen, die ihr habt:

Weltwärts
Weltwärts ist keine Entsendeorganisation, sonder ein Programm des BMZ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung). Anerkannte Entsendeorganisationen können dort Weltwärtsplätze beantragen. Diese werden dann zu 75 prozent vom Bund finanziert. Der Restbetrag muss dann meistens von den Freiwilligen in Form von gesammelten Spenden aufgebracht werden. Der Einsatz selbst dauert zwölf Monate, kann aber auf Wunsch verlängert werden. Weltwärts richtet sich an Mädchen und Ausgemusterte, sowie an Jungs, die ihre Zivildienstpflicht abgelten wollen.
Weltwaerts.de ist eure zentrale Aunlaufstellen. Dort sind alle Entsendeorganisationen aufgelistet. Ausserdem kann man geziehlt nach Stellen in bestimmten Ländern oder auf Kontinenten suchen.

DED
Der DED hat es sich zum Ziel gesetzt möglichst viele Freiwillige zu entsenden. Die Vorteile des DEDs sind klar: Der DED
  • entsendet in die ganze Welt. Man muss bei der Bewerbung noch nicht wissen, wo man genau hin will, hat nacher aber alle Möglichkeiten.
  • ist staatlich. Es werden die gesamten Kosten gedeckt. Man muss keine Spenden sammeln.
  • nimmt die meisten Bewerber an.
 Aufgrund der grossen Zahl Freiwilliger bleibt die individuelle Betreuung unter Umständen vielleicht etwas auf der Strecke. Weil er die meisten Bewerber annimmt, hat der DED eine hohe Abbrecherquote.
Mein Tipp wäre, sich auf jeden Fall auch beim DED zu bewerben. Auch wenn er nicht aure erste Wahl ist, habt ihr so immer noch eine Tür offen, falls die anderen Bewerbungen abgelehnt werden. Für die Online-Bewerbung braucht ihr einen Reisepass. Wenn ihr noch spezielle Fragen zum DED habt, meldet euch vielleicht mal bei Lucas Ullrich, der ist grade für ihn im Einsatz.

Volunta
Volunta, meine Entsendeorganisation, untersteht dem DRK in Hessen. Sie bietet zwei Programme an:


  • "FSJ bzw. FÖJ statt Zivildienst":
Dieses Programm richtet sich an Kriegsdienstverweigerer. Damit könnt ihr nach Bolivien, Nicaragua oder Rumänien. Allerdings gab es eine Kostenexplosion, da der Staat nach der Wehr- und Zivildienstreform kaum etwas dazu bezahlt, mit weltfährst fährt man aber kostengünstiger. Volunta will aber an diesem Punkt arbeiten. Das Angebot ist im Umbau, aber vielleicht tut sich ja noch rechtzeitig etwas.
Die Organisation von Volunta in Deutschland, war eher schlecht, dafür ist der Partner in Bolivien, HI-Bolivia, unübertroffen.
 Volunta hat euch Weltwärts-Stellen, die aber nur an Mädchen und Ausgemusterte vergeben werden. Durch die Bezuschussung des Bundes muss man viel weniger Spenden sammeln und die Flugkosten werden übernehmen. Ausserdem gibt es ein paar mehr Einsatzländer.

    Donnerstag, 18. November 2010

    Pilfrut

    Pilfrut!
    Pilfrut ist echt das Geilste! Man kommt hier aber auch einfach nicht drum herum. Es wird an jeder Tienda für 50 centavos verkauft, überall steht "Hay Pilfrut" und oft sieht man auf der Strasse Kinder mit dem fruchtigen Getränk. Und wer es einmal probiert hat, will es jeden Tag wieder.
    Die wunderbare Plastikverpackung ist mit einer Mischung aus Wasser, Joghurt und Fruchtgeschmack gefüllt. Wer sie aber einfach öffnete und den Inhalt aus einem Glas süffelte, würde wahrscheinlich umgehend vom Pil-Gott bestraft. Um Pilfrut richtig zu geniessen, muss man eine kleine Ecke abbeissen und den Saft langsam herraussaugen. Wieso bitte gibt es sowas tolles nicht in Deutschland?
    Mit Lieblingssorte Durazno im Garten...

    Mittwoch, 17. November 2010

    Zwei Monate Bolivien!

    Ein Blick auf den Kalender nötigt mich geradezu einen neuen Blogeintrag zu veröffentlichen. Aber eigentlich weiss ich gar nicht, wie ich diesen Post beginnen soll. Wie wärs denn mit "Wow! Jetzt bin ich schon seit zwei Monaten in einem fremden Land."? Oder doch besser "Huch?! Ich bin erst zwei Monate hier?"

    Wow! Ich bin jetzt schon zwei Monate in einem fremden Land.
    Es kommt mir vor, als wäre es erst gestern gewesen. Diese Abschiedsstimmung, diese Vorfreude aber auch der bevorstehende Schritt ins Ungewisse. Diese Erinnerungen sind einfach noch sehr lebendig. Wenn ich Stündchen oder Nachmittage in Deutschland zurückdenke, kommt es mir vor, als sei es erst letzte Woche gewesen. Und zwei Monate ist doch auch eine kurze Zeit, oder? Naja zumindest, wenn man sie mit meinen bisherigen 19 Lebensjahren vergleicht.


    Schon alltäglich: Koka kauen
    Huch?! Ich bin erst zwei Monate hier?
    Als ich noch ganz frisch hier in Bolivien war, wurde mir genau das auch ständig bewusst. Ich war in einer fremden Kultur gelandet. Mein Tag war von 1000 neuen Dingen, die ich entdeckte, und ein klein bischen Orientierungslosigkeit geprägt. Und jetzt? Die rasante Achterbahn, in der ich sass, hat sich verlangsamt und in einen Regionalzug verwandelt, der stetig Berge und Täler auf seiner interessanten Fahrt durchquert. Ja, ich bin inrgendwie im Alltag angekommen. Es schein alles schon vertraut. Mit einer lässigen Handbewegung winke ich Taxis und Busse heran. Ich laufe durch die Strassen und wünsche "¡Buenos Dias!", als hätte ich noch nie etwas anderes gemacht. Auf dem Mercado weiss ich genau, wo ich welche Sachen kaufe. Wenn ich nicht abgeholt werde, bleibe ich gelassen ("Der kommt schon noch gleich..."). In meiner Stamm-Tienda (Lädchen) werde ich mit Namen begrüsst. Wenn irgendwo in der Strasse eine Fiesta mit lauter Musik ist, denke ich "Aha." und nicht "Was fällt euch ein ihr ********, es ist mitten in der Nacht und unter der Woche." Sogar wenn Kinder auf der Strasse mit aufgeblasenen Plastiktüten vor ärmlichen Hütten spielen, kommt mir das manchmal schon irgendwie vertraut vor.
    Nur wenn ich dann aber mal auf Facebook vorbeisurfe, werde ich für einen Moment aus meiner bolivianischen Welt herausgerissen und merke, dass sich die Welt auf der anderen des Globus genauso weiterdreht und auch dort schon wieder viel passiert ist.

    Und wie waren diese ersten zwei Monate jetzt?
    Echt genial. Ich habe das Gefühl, echt etwas sinvolles zu machen und schon viel gelernt zu haben, auf keinen Fall nur Spanisch. Es war aber auch kein reinens Freudenfeuerwerk, sondern es gab, vor allem in der Schule, ein paar kleine Rückschläge. Aber unterm Strich bin ich sehr glücklich hier, bin zufrieden mit den Projekten und habe schon richtig Bock nach der Weihnachtspause weiterzumachen.

    Was steht mir bevor?
    Motivationskurve

    Diese Frage will ich eigentlich gar nicht direkt beantworten, weil vor allem in Bolivien viel unvorhersehbares passieren kann. Ich möchte euch einfach nur die durchschnittliche Motivationskurve zeigen, die man in einem Auslandsjahr durchmacht (Sry, musste ich mit Paint machen). Da kommt nach einiger Zeit ein Angst einflössendes Tief. Aber irgendwie glaube ich gerad, ob aus Optimismus, Verblendung der auch Navität, überhaupt nicht daran eines Tages in dieses "Loch" zu fallen.

    Ich finde es übrigens richtig schön, und das will ich zum Schluss noch loswerden, dass ihr durch Bloglesen, bei Facebook oder Skype, an meinem Jahr teilhabt und ich auch soweit möglich an eurem teilhaben kann. Diese Konstante ist mir wirklich unglaublich wichtig.


    Mittwoch, 10. November 2010

    Superman und seine Frau

    Don Pancho (sprich "Pantscho"):
    Don Pancho ist der Hostelvater hier in Camiri. Das heisst er übernimmt auch die Organisation der Freiwilligenarbeit in der Stadt. Aber eigentlich muss man ihn einfach nur mit dem Wort Superman beschreiben: Don Pancho kann alles. Don Pancho weiss alles. Und sowieso sprechen alle Anzeichen dafür, dass er vom Planeten Krypton stammt. Machen wir also den Superheldentest:
    Ewige Jugend? Für Don Pancho kein Problem. Er ist Ende fünfzig, sieht aber aus wie vierzig und ist fit wie ein junges Reh.
    Muskeln aus Stahl? Selbstverständlich. Er hat mehr Kraft als wir drei Freiwilligen zusammen.
    Röntgenblick? Über diese Fähigkeit verfügt er wahrscheinlich nicht, aber durch seine Erfahrung und sein Wissen scheint es manchmal so. ("Die Katze wird sieben Junge bekommen.")
    Heilende Kräfte? Auf jeden Fall! Oft verschwindet er mit der Machete um die Ecke, kommt mit Heipflanzen wieder und erklärt deren Wirkung. Und überhaupt kennt er auch sonst jedes Tier und jeden Strauch. Medizin wird von ihm übrigens vorm Einnehmen gesegnet.
    Beherschung von Materie? Vorhanden. Unter seinem starken Blick biegen sich Duschrohre wieder gerade, reparieren sich Liegestühle und verformt sich die Erde nach seinem Willen beim Buddeln.
    Unsichtbarkeit? Wahrscheinlich hat er auch noch diese Superkraft. Es liegt nur einfach in der Natur der Fähigkeit selbst, dass sie schwer zu beobachten ist.
    Bleibt abschliessend nur noch die Frage: Was kann Don Pancho eigentlich nicht? Wahrscheinlich mit seinen Superkräften angeben, denn er bleibt bescheiden und ist ein absolut sympathischer Superman.
    Don Pancho vertreibt mit seinem Hund Niño die fremden Kühe

    Ely mit Adoptivtocher Reina
    Doña Ely:
    Ely kommt in diesem Blogeintrag wahrscheinlich viel zu kurz. Sie ist Don Panchos Frau und die Köchin von uns Freiwilligen, aber eigentlich fühlt sie sich viel mehr wie unsere Mutter.
    Wenn ich krank bin, bringt sie Tee ans Bett. Wenn wir Probleme haben, hilft sie uns. Wenn Marisa traurig ist, tröstet sie. Wenn sie sich Obst kauft, gibt sie uns etwas ab und wenn wir nicht aufräumen, beschwert sie sich zu Recht.
    Aber überhaupt kommt sie und in vielen Dingen entgegen. Deswegen versuchen wir auch sie unter stützen, wo wir könnnen.
    "Unsere" Ely kocht jeden Tag zwei mal richtig leckere, warme Mahlzeiten. Wenn sie dann ein Päuschen macht, sieht sie meistens fern. Am liebsten Wrestling, Telenovelas oder Filme mit Steaven Seagal.

    Montag, 8. November 2010

    Arbeitsunfall :(

    Mein "Onkel": Don Tani
    Heute morgen sollte ich von wie so oft von Miguel und Don Tani zur Arbeit auf der Farm des Kinderheims abgeholt werden. Normalerweise kommen sie so zwischen sieben und acht Uhr vorbei. Nicht so aber heute, Miguel hatte Verspätung. Am Telefon hab ich auch nicht ganz verstanden was los war, aber um halb zehn kam er dann endlich mich abholen.
    Als wir auf der Farm angekommen sind, erzählte er mir, was passiert war. Don Tani, mein "Onkel"/"Tio", hatte sich am Sonntag auf der Farm. Als er, wie fast jeden Tag, das Zuckerrohr zerkleinern wollte, ist er mit der Hand in die Maschine gekommen. Seine Finger wurden total zerkwetscht und jetzt liegt der Arme im Krankenhaus. Ich konnte die Nachricht erst gar nicht fassen und dachte einfach nur abwechselnd "krass" und "scheisse". Als ich dann runter zur Maschine gegangen bin, sah ich auf dem Boden überall eingetrocknete Bluttropfen und den zerfetzten Handschuh. Das schlimmste war dann noch, dass wir wieder neues Zuckerrohr für die Kühe ernten und zur Maschine tragen mussten. War echt ein komisches Gefühl.
    Don Tani bei der Arbeit an der Maschine
    Wie es für Don Tani weitergehen wird, ist irgendwie auch noch ungewiss. Keine Ahnung, wie lang er noch im Krankenhaus bleiben muss, bis er wieder arbeiten kann.... Zuhause hat der gute Mann fünf Töchter.

    Freitag, 5. November 2010

    Esst mehr Obst!

    Die Ernährung der meisten Bolivianer ist relativ einseitig. Die Mahlzeiten hier bestehen hauptsächlich aus Fleisch, Reis, Kartoffeln, Nudeln und Linsen. Gemüse und Obst aber kommen fast gar nicht auf den Teller.
    An diesem Punkt setzt unser neues Projekt an, das ich mit Max und Herbergsvater Don Pancho begonnen habe. Wir bauen ein Wasserbecken (4m x 4m x 1m), um darin Quell- und Regenwasser zu sammeln. Mit diesem Wasser, so ist es geplant, werden wir dann einen kleinen Gemüse- und Obstgarten versorgen. Langfrisitig gesehen soll das Projekt als Beispiel für Andere dienen. Mit Hilfe der Freiwilligen sollen sich dann die Menschen hier ebenfalls mit frischen Obst und Gemüse aus eigenem Anbau versorgen können, um ihre Ernährung sinnvoll zu ergänzen.
    Der Bauplan
    Unser erster Arbeitsschritt ist das Ausheben einer kleinen Grube. Dieser Job ist echt harte Knochenarbeit: Wie müssen uns immer zu viert oder zu dritt an dem Arbeitsgerät (Spitzhacke und Schaufel) abwechseln, um nicht sofort zu erschöpfen. Eine ordentliche Portion Coca in der Backe hilft aber durchzuhalten. Obwohl oder gerade weil es so anstrengend ist, ist die Freude das Loch wachsen zu sehen riesengross. Leider sind wir aber noch nicht so weit gekommen für die Zeit, die ich schon hier bin. Ich bin einfach anderorts zu sehr eingespannt. Dazu aber demnächst mehr ;)
    Ganz am Anfang der Arbeit
    Schaufeln bei Sonnenschein...

    Junior und Max beim Schaffen

    Donnerstag, 4. November 2010

    Llajua


    Llajua ist Bestandteil jeder warmen Mahlzeit hier in Bolivien. Ob Suppe oder Segundo (Hauptgericht), es steht immer ein Schälchen Llajua auf dem Tisch. Die Zutaten werden von der Köchin/dem Koch in beliebigem Verhältnis gemischt, aber es entsteht stets ein scharfes Sösschen. Llajua gibt dem Essen nicht nur Schärfe, sondern auch eine zusätzliche, interessante Geschmacksnote. 

    Mittwoch, 3. November 2010

    Die Freiwilligen-WG

    Das, was ich hier WG nenne, geht mittlerweile über die eigentliche Bedeutung von Wohngemeinschaft hinaus. Die WG ist mehr und mehr ein Stück Ersatz geworden für vieles, was ich in Deutschland zurückgelassen habe. Sie ist ein bischen wie Freunde, ein bischen wie Familie und überhaupt ein zentraler Punkt in meinem "bolivianischen Leben".
    Marisa, Max, Junior, Nana, ich und Marie

    Ich habe Euch auch mal ein Foto der ganzen Freiwilligencrew hochgeladen, damit Ihr Euch eine Vorstellung machen könnt. Zum einen gibt es da unsere "Veteranen", die allerbeste Marisa und die Freiwillige Marie, die beide schon am längsten hier sin und auch die ganze Zeit in Camiri verbringen werden. Dann ist da noch Max, der mein Wunschpartner für die Einsatzstelle war. Und was soll ich sagen? Es ist einfach ne super Zeit zusammen. Nicht zu vergessen aber auch David Jr. III, oft auch einfach nur Junior genannt. Er gehört auch zu den Ziwis, ist drei Wochen später zu uns gestossen, aber gehört voll dazu. Last but not least, bleibt noch die herzensgute und vercheckte Berlinerin Nana mit ihrem zeichnerischen Talent.
    Oft sitzen wir in der Gruppe zusammen und schwätzen noch bis in die Nacht hinin, versuchen Party zu machen oder starten am Wochenende Ausflüge. Und überhaupt ist es echt krass zu sehen, wie schnell man zusammen wächst und vertraut wird, wenn man sich jeden Tag teilt. Wenn wir uns dann beim Mittag- oder Abendessen die Erlebnisse, Erfolge und Misserfolge erzählen, bekomme ich immer wichtige Anregungen und kann gut Motivation tanken. Es ist einfach eine fruchtbare Umgebung - allein wäre mir manches bestimmt schwerer gefallen.

    U. E. Isaac Maldonado

    Mit Max und den Freiwilligen in Sucre


    Nach einem wirklich interessanten Vorbereitungsseminar in der konstitutionellen Hauptstadt Boliviens Sucre, musste ich noch fast eine Woche dort warten, damit Arturo die letzten Formalitäten für das Visum erledigen konnte. Die beschäftigungslosen Tage machten mir noch mehr Lust endlich loszulegen, endlich anzupacken und  etwas verändern zu können. Ich hatte totales Kribbeln in den Fingern und eine Menger Hummeln unterm Hintern. Am Freitag, den 24. September, war es dann endlich soweit: Ich kam in Camiri, meinem Einsatzort, an. Am nächsten Montag wurde ich direkt an einer meiner Arbeitsstellen, der Unidad Educativa Isaac Maldonado, von Arturo und Don Pancho vorgestellt. Wir setzten uns auf die, für Bolivien typischen, Plastikstühle vor den Schreibtisch der Direktorin. Die Sekräterin brachte uns warmen Kaffee, den ich auf Handzeichen von Don Pancho begann auszutrinken. In Bolivien sind Einladungen, wie besagter Kaffee nämlich heilig - man darf sie einfach nicht ablehnen, so etwas wäre unvorstellbar unhöflich.
    Meine 4. Klasse

    In der Pause stellte die Direktorin mich den Lehrern der Schule vor und schrieb mir einen Stundenplan, sodass ich gleich am nächsten Tag loslegen konnte. Von der erwarteten bolivianischen Tranqulidad war nicht viel zu spüren.
    Beim Unterricht in der 3. Klasse
    Die U.E. Isaac Maldonado liegt in der Kleinstadt Camiri, genauer gesagt im Viertel San Antonio. Sie ist mit knapp über 30 Lehrern, darunter sogar zwei Englischlehrerinnen, relativ gross. Die Schule umfasst alle Klassen von Grundschule (Primaria) über Intermedio bis zur Oberstufe (Secundaria). Meine Aufgabe sollte sein auch in der Primaria Englischunterricht zu geben. Normalerweise fangen die Kinder nämlich erst in der 7. Klasse mit der wichtigen Fremdsprache an.
    Wie ihr vielleicht gemerkt habt, hänge ich mit meinen Blogeinträgen etwas hinterher. Ganz bald werde ich berichten, wie es mir mit den Kindern der Schule und den anderen Projekten ergangen ist, und natürlich was das Leben hier sonst noch hergibt.
    Bolivianische Grüsse, Alex.