Montag, 14. März 2011

Carnaval - Fiesta des Jahres

In Marburg besteht Karneval eigentlich nur aus dem Rosenmontagsumzug mit anschliessendem Gang ins Fun. Dazu etliche Alkoholleichen und ein paar Verrückte, die denken Marburg sei das Zentrum des deutschen Faschings.
Anders in Bolivien: Karneval ist hier das grösste Fest des Jahres. Weltberühmt sind dabei die Feierlichkeiten in Oruro. Dort soll die grösste Karnevalsfeier nach Rio de Janero in Brasilien stattfinden. Aber auch der einwöchige Karneval im kleinen Städtchen Camiri hatte einiges zu bieten.

Die Comparsas
Alle sauber und in gelb - Fregonazos vor der Feier
Ein bischen wie in den Bücher von J.K. Rowling, in denen jeder Zauberschüler einem der Häuser als Mitglied zugeteilt wird, ist auch Karneval in Camiri. Alle Feierwilligen, von den Kleinen bis zu ihren Grosseltern, treten sogenannten Comparsas, speziellen Karnevalclubs, bei. Jede Comparsa hat eine grobe Altersgruppe, eine eigene Farbe und ist natürlich die "beste Comparsa Camiris". An den Tagen von Karneval versuchen sich die Comparsas dann, ganz wie die Häuser in Hogwards, gegenseitig zu übertrefen.

Rey Momo
Gewinner und Publikumsliebling im Wettbewerb Verkleidung
Wettessen - Jede Comparsa ist vertreten
Rey Momo - Männer zeigen ihre weibliche Seite
Am Donnerstag fand die Wahl des Rey Momo im Stadion statt. Diese reine Spassveranstaltung ist eine Parodie auf die Wahl der Königin. Und so schickten alle Comparsas ihrer Vertreter ins Rennen, um in verschiedenen Wettbewerben die Kontrahenten zu übertrumpfen. Es gab Wettessen, Verkleidungswettbewerb und es traten als Frauen verkleidete Männer auf, um ihre Hintern zur neusten Musik zuschwenken und richtig die Sau rauszulassen. Die Gruppen versuchten sich gegenseitig mit Witz, Verkleidung und Effekten auszustechen. Gewonnen im Verkleidungswettbewerb hat Kung Fu Panda. Publikumsliebling aber war ein mit Lendenschurz bekleiderter, schwarz geschminkter Teilnehmer, der mit Pfeil und Bogen zu "In the jungle, the mighty jungle" tanzte. Ja, ein bischen rassistisch sind die Bolivianer schon. Sieger im Hauptwettbewerb war die Familie Feuerstein der Comparsa "Sarazos", die sich mit Pappmasché-Keulen der Extase hingaben.


La Reina
Am Tag darauf wurde die Königin gewählt. Jede Comparsa stellte eine Kandidatin auf und die jungen Frauen wurde Salsa tanzend und im Ballkleid von der Jury bewertet. Abgerundet wurde der ziemlich langweilige Abend mit einem Karaokewettbewerb, der aber an Eintönigkeit die Misswahl selbst übertraf. Diese ruhige Nacht war so etwas wie ein letztes Durchatmen vor der richtigen Feier.

La Salta
Carnaval ist farbenfroh
Samstag sollte die sogenannte Salta stattfinden. Und so machten wir uns ausgerüstet mit Wasserbomben, Wasserpistole und jeder Menge Farbe auf den Weg zur Plaza. Dort tobte ein kleiner Krieg zwischen den Kindern und irgendwie gerieten wir zwischen die Fronten, sodass wir von oben bis unten vollgeschmiert und durchnässt an der Ecke auf den Beginn des Corsos warteten.
Dann, natürlich mit bolivianischer Verspätung, war es endlich soweit. Comparsa für Comparsa fuhren die geschmückten Festwagen mitsamt Reina, umringt von ihren tanzenden Anhängern, eine Runde um die Plaza. Dieses Ritual nennt man Salta (von saltar - springen), weil eigentlich keiner tanzt sondern sich alle an den Händen fassen, herumspringen und in so einer Ketten um den Wagen rennen. Ich selbst bin bei "Fregonazo", der gelben Comparsa, "gesprungen".

3 dias de fiesta
¡Manos ariba! bei der Fiesta von Fregonazo
Die nächsten drei Tage war die ganze Stadt im Ausnahmezustand. Das normale Leben war zum Erliegen gekommen. Es gab kaum offene Geschäfte und an jeder Ecke wurde man mit Wasserbomben und Farbe angegriffen.
Jeden nachmittag wurden von den Comparsas eigene Feiern veranstaltet. Vor dem Gelände von Fregonazo stand ein Wasserwerfer der Feuerwehr und schoss hunderte Liter auf die gut gelaunte Menge, die sich gleichzeitig mit Farbe beschmierte. Es waren die besten Feiern, die ich in Bolivien erlebt habe.
Nachdem das letze Bier getrunken war, machte sich die Partygemeinde Tag für Tag auf den Weg zur Plaza. Dort wurden Autos mit grossen Boxen und lauter Musik vorgefahren, um noch bis tief in die Nacht den Karneval von Camiri zu celebrieren. Von diesen drei Tagen habe ich aber nur zwei durchgehalten. Es war, wie man hier so schön sagt, eine "Locura".

Aschermittwoch?
Das Leiden Jesu und die Fastenzeit scheinen in Camiri erst etwas später zu beginnen. Die Feierlichkeiten wurden offiziel am Sonntag mit dem "Carnevalito", dem kleinen Karneval, in Choretti, einem Dorf vor Camiri, beendet.
Karneval in Bolivien ist schon ziemlich durchgeknallt und es dauert lange, die ganze Farbe abzuwaschen. Nächstes mal gehts für mich nach Oruro.
Ich habe genug für dieses Jahr ;)

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