Donnerstag, 24. März 2011

Día del Mar

Manchmal habe ich den Eindruck, dass Bolivianer mit ihren vielen Feiertagen einen durchgehenden Schulbetrieb erfolgreich zu verhindern wissen. Nachdem wegen Karneval schon vier Tage der Unterricht ausfiehl, wurde letzten Mittwoch ein historisches camireñisches Datum mit allen Schülern auf der Plaza zelebriert. Am Freitag schloss sich dann der "Día del Padre" (Vatertag) an, sodass wiederum der Unterricht ausfiel und statt dessen in der Schule ein Gottesdienst und andere Feierlichkeiten abgehalten wurden. Als dürfte man den Schülern nach diesen vielen freien Tagen keine volle Woche Unterricht zumuten, streikten diesen Montag und Dienstag dann erstmal alle Lehrer, weil ihre Lohnerhöhung nur 10 Prozent beträgt. Am gestrigen Mittwoch wurde schliesslich landesweit des Día del Mar (Tag des Meeres) mit Umzügen gedacht - natürlich war auch schulfrei.

Tag des Meeres: Die Schulen marschieren im militärischen Stil

Historisches
Bolivien mit Meerzugang (wikipedia)
Boliviens Stolz ist unter anderem auf der Vielfalt seiner Kulturen begründet. Weniger ruhmreich ist aber die Geschichte des Landes: Bolivien hat nämlich jeden einzelnen seiner Kriege verloren.
Im Salpeterkrieg gegen Chile verlor Bolivien vor, am 23. März, genau 132 Jahren das Departament Litoral und damit seinen Zugang zum Meer. Seit dem ist Bolivien ein Binnenstaat und trauert dem Verlust des Pazifikküstenstreifen hinterher. Wie teif der Schmerz sitzt und wie wichtig das Thema auch noch mehr als ein Jahrhundert später ist, sieht man zum Beispiel an der neuen Verfassung von Evo Morales, die erst vor gut einem Jahr in Kraft trat. Darin wird immer noch die Rückgabe des Küstenstreifens gefordert. Mit Chile unterhält man offiziel keine diplomatischen Beziehungen und eine Klage in Den Haag wurde natürlich auch schon eingereicht. Derweil trainiert die bolivianische Marine auf dem Titicaca-See, aber natürlich nur vorübergehend, denn den rechtmässigen Meerzugang wird man wiedererlangen. Letztes Jahr hat sich der Staat schonmal ein Stückchen Strand von den Perunaern gepachtet - ein Anfang.

Nachtrag: Gerade bin ich wieder aus der Schule zurückgekommen. Heute und morgen ist wieder kein Unterricht. Die Lehrer haben eine Fortbildung, von der auch die Sekräterin nicht genau weiss, was sie beinhaltet. Auf dem Rückweg bin ich dann einem Lehrer über den Weg gelaufen, der sich sichtlich über die Vacaciones freute. Auch typisch bolivianisch: Wenn Feiertage auf ein Wochenende fallen, werden sie am Montag nachgeholt.

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