Sonntag, 28. November 2010

Auf einmal ganz anders...

Die letzten zwei Monate habe ich durchgehend in Camiri verbracht. Jetzt sind meine Tage dort vorerst gezählt, denn gestern gings mit der Flotta (Überlandbus), gemeinsam mit Max, nach Sucre. Hier sollen wir den zweiwöchigen Sprachkurs nachholen und im Anschluss bis Weihnachten am obligatorischen Zwischenseminar teilnehmen. Vor der Fahrt habe ich mich total auf Sucre gefreut. Endlich würde ich all die anderen Freiwilligen wieder sehen, wissen wie es ihnen so ergangen ist und mal wieder mir der ganzen Gruppe zusammenzusein.
Ich war zwar schon zum Vorbereitungsseminar in Sucre und kenne die Stadt deswegen schon ein bischen. Aber als wir mit der Flotta in die konstitutionelle Hauptstadt ankamen, war ich total überrascht: Es ist einfach so anders als Camiri! Es gibt haufenweise mehrstöckige Häuser. Ein riesen Verkehrsaufkommen. Die Stadt ist laut und gross. Es ist kalt, keine 40 Grad mehr. Ich musste nach dem Frühstück und nach dem Abendessen sogar nochmal kurz ins Bett, weil es draussen einfach so ungemütlich war. Was eine Umstellung: vom ruhigen Camiri ins grosse Sucre!
Abends bin ich dann mit Sarah, einer Freiwilligen aus Sucre selbst, weggegangen. Zuerst waren wir auf einer kleinen Geburtstagsfeier bei einem jungen Musiker und Anwalt. Aus Camiri kannte ich von Fiestas nur die Standardauswahl der 20 besten Cumbia-Songs. Gestern auf der Party lief zwar auch ein wenig Cumbia, aber vor allem andere typische bolivianische Musik, viel andiner geprägt. Alle haben dazu getanzt - ich habs versucht - und der Gastgeber Alex hat zwischendurch mit seinen Freunden, mit Gitarre und Geige, Lieder zum Besten gegeben. Der Gesang kam aus kräftigen Kehlen, die Gäste klatschten und tanzten und es entstannd einfach eine Wahnsinnsatmosphäre, die ich einfach nur aufgesogen habe. Es war ganz anders als man soetwas aus Deutschland kennt, aber auch anders als Camiri. Ich habe mich gefühlt, als sei ich erneut in eine andere Kultur entführt worden...
Als die Fiesta sich langsam dem Ende neigte sind Sarah und ich in einen Club weiterfeiern gefahren. Natürlich mit Taxi, die Wege sind hier eben weiter. Dort angekommen war ich wieder total von den Socken. Ich war plötzlich nicht mehr in Bolivien. In der Disco war "Jägermeisternacht". Überall hingen orangene Jägermeisterflaggen. Es liefen Models mit orangenen Perrücken herum. Die Musik war westlich: das volle Programm, wie man es aus letztem Sommer in Deutschland kennt - inklusive "Atzen" und Black Eyed Peas. Und auch das Publikum war überwiegen weiss, viele Touristen. Ich dachte einfach nur "Das kann doch nicht Bolivien sein, wie ich es kennengelernt habe". Es kam mir vor, als hätte man mich zurück nach Europa gebeemt.
Nach dem Feiern habe ich noch mit Sarah im Hostelgarten gechillt und diskutiert. Irgendwann hat sie dann von einem Kinderheim in Sucre erzählt. Ich konnte einfach nicht glauben, was sie mir schilderte. Einfach nur unmenschliche Verhältnisse. Ich war total sprachlos. Das war der dritte und wirklich grösste Schock an diesem Tag.
Irgendwann habe ich mich dann mit den Worten "Lass uns morgen nochmal drüber reden" ins Bett verabschiedet. Ein echt krasser Tag ging zu Ende.

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